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Einwegkameras im Vergleich: miese Bilder, hohe Kosten
von Daniel Schraeder und Stefan Möllenhoff am , 17:03 Uhr
In Drogerien, Supermärkten und Elektronikläden findet man sie immer wieder, die sogenannten Wegwerfkameras, zu Preisen von knapp drei bis etwa sieben Euro. Die Filme im Inneren nehmen bis zu 39 Fotos auf, teilweise ist sogar ein Blitz vorhanden. So billig können also Fotos sein? Wir haben acht Einmal-Kameras gekauft, unsere Finger wundgeknipst und die Bilder verglichen, um zu ermitteln, welches Modell das beste ist.
Anfang der 90er-Jahre des letzten Jahrtausends kamen sie auf den Markt. Kleine Kameras, bestehend aus einem Kunststoff- oder Papp-Gehäuse, mit integriertem Film, Auslöser, Sucher und Linse, manchmal sogar mit Blitz. Sie kosten nur wenige Euros und eignen sich daher hervorragend für Schnappschüsse – wenn man beispielsweise seine Digicam vergessen hat, der Akku leer ist oder um sie Kindern bei Hochzeiten in die Hand zu drücken und ein paar zusätzliche Bilder zu bekommen.
20 Jahre später sehen die Einmal-Kameras noch genauso aus. Sie arbeiten immer noch analog, man muss die Filme immer noch von Hand aufziehen, und auch ein Display ist nicht vorhanden. Dafür sind die Preise weiter gefallen – ab etwa drei Euro ist man dabei. Aber wie sehen überhaupt Fotos aus, die so eine billige Knipse aufgenommen hat?
Die Kamera-Auswahl
Unser erster Weg führt in eine Filiale der Drogerie-Kette Müller. Dort stehen gleich zwei Modelle der eigenen Marke im Regal, eine mit wasserdichtem Gehäuse und eine ohne. Bei diesem Vergleich konzentrieren wir uns auf die einfachen Modelle ohne Schutzgehäuse. Die Müller Einwegkamera kostet gerade einmal 2,99 Euro und ist sogar mit einem Blitz ausgestattet. Wir greifen zu.
In den nächsten Tagen achten wir überall auf Wegwerfkameras. Foto- und Souvenirshops, Elektroläden, Supermärkte – an allen Ecken stolpern wir über verschiedene Modelle. Unterm Strich sammelt sich eine Auswahl von acht Modellen auf unserem Schreibtisch. Der vermeindlich günstige Preis der Müller-Kamera wird sogar noch unterboten: Das simple Magicolor-Modell kostet 2,49 Euro, hat aber keinen Blitz. Den gibt’s in Form der Magicolor mit Blitz für den Preis einer 10er-Packung Kaugummi dazu – für 3,33 Euro. Die Hochzeitskamera von Agfa Foto kommt mit Blitz auf 2,89, für zehn Cent mehr und damit für den Preis der Müller-Cam gibt es auch die LeBox Flash.
Fast schon doppelt so teuer sind die Modelle von Fuijfilm (QuickSnap Fashion, 4,79 Euro mit Blitz) beziehungsweise Kodak Ultra (5,50 Euro) und Kodak Ultra Flash (6,78 Euro mit Blitz).
Der erste Eindruck
Wir reißen die Folien- und Papp-Verpackungen der acht Kandidaten im Test auf. Grundsätzlich gibt es hier schon mal einen Unterschied: Die billigeren Modelle stecken in windigen Pappkisten mit Kunststoffelementen, die teureren Kodak- und Fujifilm-Kameras immerhin in Hartplastikschalen. Zu unserer Überraschung stellen wir fest, dass die AgfaPhoto Hochzeits-Einwegkamera, die Magicolor Einwegkamera mit Blitz und die Müller Einwegkamera mit Blitz absolut identisch ist – vom Gehäuse bis zum verwendeten Film.
Auf ins Getümmel: Dieses Bild zeigt die acht Einwegkameras kurz vor ihrem ersten Einsatz.
In puncto Ergonomie bewegen sich alle Knipsen auf dem Niveau von Ziegelsteinen, manche machen es etwas besser, manche schlechter. Der Auslöser der AgfaPhoto LeBox Flash beispielsweise sitzt so weit innen, dass man sich beim Fotografieren fast den Zeigefinger auskugelt. Die Kodak Ultra Flash dagegen liegt zwar gut in der Hand, hört aber nicht mehr auf, zu blitzen, wenn man die Zusatzbeleuchtung einmal aktiviert hat. Und nein, auch am nächsten Tag nicht.
Beim Blick durch den Sucher der Kodak Ultra Flash machen wir eine Zeitreise. Es ist, als hätten wir mit sechs Jahren zum ersten Mal die dicke Hornbrille unserer Großmutter aufgehabt. Boh, ist die Optik schmierig und verschwommen – und auch noch wirklich winzig. Der Sucher ist schlecht nach außen abgegrenzt, und es fällt schwer, zu erahnen, wie der spätere Bildausschnitt aussieht. Und viel besser wird’s bei der Konkurrenz auch nicht. Ledigilich die Fujifilm Quicksnap Fashion bildet eine positive Ausnahme. Ihr Guckloch ist erfreulich groß, hell und klar. Jedenfalls im Verhältnis zum Rest.
Das Szenario
Neben den bereits erwähnten Situationen bei Hochzeiten oder vergessenen Akkus dürfte der typische Einsatz von Einmal-Kameras an Orten sein, an denen man Angst um seine Digicam hat. Volksfeste zum Beispiel – nach der dritten Maß passt man nicht mehr sonderlich auf seine 6000-Euro-Spiegelreflex auf. Da das Oktoberfest in München derzeit noch aufgebaut wird und die Stadt leider nicht für unseren Test eine Probesause einrichten wollte, haben wir uns am späten Nachmittag mit unserer Knips-Ausstattung auf das Tollwood-Festival im Olympiapark begeben.
Auf dem Tollwood-Festival gibt es jede Menge Abgefahrenes und Exotisches zu sehen. Herrscht keine direkte Sonneneinstrahlung, bringt die Magicolor-Einwegkamera ohne Blitz eine extreme Körnung aufs Bild, die selbst bei kleinen Betrachtungsgrößen sichtbar ist.
Dort haben wir die Möglichkeit, verschiedene Szenarien auszuprobieren. Zunächst setzen wir uns in einen Biergarten, rein zu Testzwecken, versteht sich, und knipsen die Umgebung im Hellen. Unser Weg führt uns an Kunstwerken und Ständen mit knallbunten Vogelhäuschen vorbei. Bei beginnender Dämmerung versuchen wir, thailändische Pavillions und glänzende Statuen einzufangen und knipsen bei fortgeschrittener Dunkelheit einen Oldtimer gegen das Licht seiner eigenen Scheinwerfer – ein vermeindlicher Härtetest. Ab sofort dürfen auch die Kameras mit Blitz zeigen, was in ihnen steckt – der Kaffee-Stand im Citroen-Transporter aus der Mitte des letzten Jahrtausends wird auch noch einmal mit aktivierter Kamera-Leuchte abgelichtet.
Obwohl die Kodak-Kameras die höchste ISO-Empfindlichkeit bieten, ist beim Citroen ohne Blitz nichts zu holen. Dieses Foto entsteht mit der Kodak Ultra Flash.
Nun fangen wir noch die Lichtspiele und Lampions bei Dunkelheit ein und nehmen unsere Kameras dann mit nach Hause. Im Büro knipsen wir noch ein paar Standard-Bilder – eine Zimmerpflanze, die Straße vor unserem Gebäude bei voller Sonneneinstrahlung und einen Testaufbau, den wir auch bei unseren Digicam-Tests verwenden. Danach bringen wir die Kameras allesamt zum Entwickeln. Denn einfach Anschließen und Bilder kopieren geht ja nicht – das hatten wir schon fast wieder vergessen.
Die Entwicklung
Um die Ecke von unserem Büro ist der Müller, und genau dort bringen wir die Einwegfotoapparate hin. Eine Knipse sowie einmal Namen und Anschrift pro Tüte, und unsere acht Probanden machen sich auf die Reise. Von der Drogerie aus geht es ins Fotolabor. Dort werden die Kameras geöffnet, die Filme herausgenommen und das Gehäuse recycelt. Das klingt umweltfreundlich.
Wir wollen das genauer wissen und rufen beim Fotolabor an. Die Kameras werden vom Labor selbst recycelt, erfahren wir, die Hersteller haben damit nichts zu tun. Allerdings überrascht die Antwort auf die Frage, ob die Gehäuse denn wiederverwendet werden. Denn Recycling bedeutet hier, dass man die Knipsen vernichtet. Kleinhackt. Einschmilzt. Und irgendwann wieder neue Gehäuse daraus presst, gießt oder sonstwas. Schade, denn gerade die Knipsen von Kodak und Fujifilm wirken, als könnte man sie problemlos mit einem neuen Film bestücken und wieder in die Regale stellen.
Die Kosten
Kameras für 2,49 Euro sind billig? Spottbillig, um genau zu sein. Aber beim Bezahlen der Bildentwicklung fallen wir fast vom Stuhl. Insgesamt knapp 60 Euro kostet der Spaß, für 216 Abzüge und Foto-CDs von acht Kameras – für den Preis plus gut 30 Euro für die Knipsen selbst gibt es zwei nagelneue preiswerte Digicams oder ein anständiges Einsteigermodell. Mit Display, Blitz und Speicherkarte. Und ohne Fotolimit und windigem Plastikgehäuse.
Inklusive Einwegkameras, Foto-Entwicklung und Scans auf CD haben uns die 216 Fotos rund 100 Euro gekostet.
Zudem lassen sich bei der Einsteiger-Digicam missratene Fotos sofort wieder löschen und müssen bei der Entwicklung nicht mitbezahlt werden. Auch ein Zurechtschneiden oder Bearbeiten vor dem Drucken ist möglich.
Das Ergebnis
Wir schleppen insgesamt acht Umschläge mit den Fotos und Bilder-CDs der Kameras aus dem Geschäft – gespannt auf die Bilder, die wir jetzt zu sehen kriegen. Wir öffnen den ersten, es handelt sich um die Bilder der Müller Einwegkamera mit Blitz – und wir sind enttäuscht. Viel erwartet haben wir in Anbetracht der nur wenige Euros teuren Kameras ja nicht, aber was wir hier zu sehen kriegen, hätten wir in unseren kühnsten Träumen nicht befürchtet.
Das Bild von der Straße vor unserem Büro sieht aus, als wäre es in den sechziger oder siebziger Jahren aufgenommen worden. Eine Schlange von VW Käfern vor der roten Ampel würde uns hier nicht überraschen. Die Farben sind matt und daneben, sowohl Schärfe als auch Details gering und die Körnung dafür groß. Und so geht es weiter. Ein Klick auf eines der folgenden Fotos vergrößert es auf 1536 mal 1024 Bildpunkte. In dieser Größe haben wir die Scans vom Müller auf CD erhalten. Nachdem sowohl die AgfaPhoto Hochzeits-Einwegkamera als auch die Magicolor-Einwegkamera und die Müller-Einwegkamera mit Blitz denselben Film und dasselbe Gehäuse nutzen, kommt stellvertretend für die drei Modelle nur ein Foto von der Müller-Einwegkamera in die Übersicht.
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AgfaPhoto LeBox Flash | Fujifilm Quicksnap Fashion | Kodak Ultra Day |
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Kodak Ultra Flash | Magicolor Einwegkamera ohne Blitz | Müller Einwegkamera mit Blitz |
Auffällig ist bei allen Fotos auch die zum Bildrand und zu den Ecken hin extrem stark abfallende Schärfe. Bei einem Objektiv, wenn man es denn so nennen möchte, das nur ein paar Cent kosten darf, ist das aber auch kein Wunder. Macht die Fotos nur leider auch nicht besser. Und die Abzüge auch nicht – die sehen auf dem Papier nämlich genauso schlecht aus wie die Digitalbilder auf dem Bildschirm.
Als ob diese Szene nicht schon fast zu überfordernd gewesen wäre, drehen wir den Schwierigkeitsgrad etwas nach oben. Ein etwas kontrastreicheres Motiv muss her, zum Beispiel unser Testbiergarten am Münchner Tollwood.
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AgfaPhoto LeBox Flash | Fujifilm Quicksnap Fashion | Kodak Ultra Day |
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Kodak Ultra Flash | Magicolor Einwegkamera ohne Blitz | Müller Einwegkamera mit Blitz |
In den dunkleren Bildbereichen werden hier schnell die Unterschiede zwischen den eingesetzten Filmen deutlich. Den Himmel kriegt jede Einwegkamera halbwegs hin, klar. Aber die Magicolor Einwegkamera mit ihrem ISO-200-Film verzweifelt bereits an den Ständen und den Sonnenschirm. Abgesehen von den beiden Kodaks setzen alle anderen Knipsen auf ISO 400 – mit mäßigen bis gerade noch so brauchbaren Resultaten. Die Ultra Flash und die Ultra Day bringen ISO-800-Filme mit und erzielen dank der höheren Empfindlichkeit etwas bessere Ergebnisse.
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AgfaPhoto LeBox Flash | Fujifilm Quicksnap Fashion | Kodak Ultra Day |
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Kodak Ultra Flash | Magicolor Einwegkamera ohne Blitz | Müller Einwegkamera mit Blitz |
Mal mit mehr Rauschen, mal weicher – mal etwas heller, mal stockfinster. Abgesehen von der praktisch unbrauchbaren Magicolor-Einwegkamera ohne Blitz schlagen sich hier alle Modelle mehr schlecht als recht. Und nur damit kein falscher Eindruck aufkommt: Bei dem Foto war es immer noch so hell, dass wir den Kameras ein einwandfreies Foto zugetraut hätten.
Wir könnten diese Auflistung an mäßig guten bis miserablen Fotos noch um rund 20 Vergleichsbilder erweitern. Aber auch nach dem dritten Fotoblock dürfte klar sein, dass Einwegkameras wirklich nur für Notfälle taugen. Billig-Digicams und sogar Foto-Handys liefern bessere Ergebnisse.
Fazit
Billig sind die Einweg-Kameras unterm Strich überhaupt nicht mehr. Für den Preis von acht Knipsen und der Entwicklung ihrer Filme geht so viel Geld drauf wie für eine ordentliche Einsteiger-Digicam – nach rund 250 Bildern hätte sich der Kauf also amortisiert. Noch dazu ist die Bildqualität unter aller Kanone und die Umweltbelastung hoch.
Dennoch gibt es sicherlich Szenarien, in denen eine Einwegkamera besser ist als keine Kamera. Wenn es denn unbedingt sein muss, würden wir die Kodak-Modelle empfehlen, die mit ihrem empfindlicheren Film einfach etwas mehr Spielraum bieten. Denn die Konkurrenten versagen bereits bei Innenaufnahmen mit durchs Fenster scheinendem Tageslicht gnadenlos.
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