Bei Canon teilen sich die absoluten Profi-DSLRs in zwei Linien auf: Die 1D-Serie mit dem aktuellen Modell EOS 1D Mark IV richtet sich an Sportfotografen, hier steht die Geschwindigkeit im Vordergrund. Auf der anderen Seite finden sich die 1Ds-Modelle, bei denen es primär um Auflösung und Bildqualität geht. Bildqualität und Geschwindigkeit, das ließ sich bislang augenscheinlich nicht miteinander vereinen – bislang. Denn die 1D und die 1Ds verschmelzen jetzt in einer Kamera, der heute vorgestellten Canon EOS 1D X. Unverbindliche Preisempfehlung in den USA: 6800 Dollar. Die Anschaffungskosten hierzulande stehen noch nicht fest.
Herzstück des Profi-Boliden ist ein neu entwickelter 18-Megapixel-Sensor im Vollformat – damit macht Canon im Vergleich zu den Vollformat-Vorgängern 1Ds Mark III und 5D Mark II einen 3-Megapixel-Schritt zurück. Durch die geringere Auflösung erreicht Canon zwei Dinge: Wenn sich weniger Megapixel die gleiche Fläche auf dem Sensor teilen, ist jeder einzelne Pixel größer und fängt mehr Licht ein. Damit steigt die Bildqualität. Im Vergleich zur 5D Mark II und zur 1D Mark IV mit 6,39 Mikron beziehungsweise 5,7 Mikron Pixelgröße sind die Bildpunkte bei der 1D X jetzt auf 6,95 Mikron angewachsen. Das sollte insbesondere bei höheren ISO-Empfindlichkeiten einen Sprung nach oben bedeuten. Die maximale Empfindlichkeit beträgt ISO 204.600: Weltrekord. Ohne erweitertem ISO-Bereich stemmt die Kamera ISO 51.200.
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Außerdem bedeuten weniger Megapixel weniger Daten, und damit sind höhere Serienbildgeschwindigkeiten möglich, was für die Sportfotografen wichtig ist. Die EOS 1D X verfügt über zwei Prozessoren vom Typ Digic 5+, die zusammen eine maximale Serienbildrate von 14 fps ermöglichen. Allerdings bleibt bei diesem Tempo der Spiegel nach oben geklappt, die Empfindlichkeit darf maximal ISO 3200 betragen, und die Kamera fängt nur JPEG-Bilder ein. Im RAW+JPEG-Modus sind aber immer noch sehr respektable 12 Bilder pro Sekunde möglich.
Während des Serienbilddauerfeuers steht natürlich ein kontinuierlicher Autofokus zur Verfügung, der auf sich verändernde Aufnahmebedingungen reagiert. Der Autofokus bietet nun 61 Fokuspunkte, 41 davon sind als Kreuzsensoren ausgeführt. In der Mitte gibt es außerdem 5 sogenannte Dual-Cross-Sensoren, die zusätzlich noch in den Diagonalen messen. Wie bei Nikon greift jetzt übrigens auch das Belichtungsmessungssystem dem Autofokus unter die Arme. Canon verbaut in der EOS 1D X einen 100.000-Pixel-RGB-Sensor, der sich neben der Belichtung auch um Motivverfolgung und Gesichtserkennung kümmert. Das dürfte für einen präziseren Servo-AF sorgen als bei der Vorgängerin 1D Mark IV. Für Autofokus und Belichtungsmessung spendiert der Hersteller der Kamera einen eigenen Bildprozessor vom Typ Digic 4.
Links ist die Verteilung der Autofokuspunkte zu sehen, rechts der Einstellungsdialog für die verschiedenen Autofokusmodi.
Der Videomodus wartet ebenfalls mit ein paar Neuerungen auf. Es gibt zwar keine neuen Auflösungen oder Bildraten, dafür aber ein paar Features für professionelle Anwender. Da wären beispielsweise zwei verschiedene Timecodes, Tonpegelsteuerung bei laufender Aufnahme und ein neuer Intraframe-Videocodec, der dank geringerer Kompression eine höhere Bildqualität bieten soll. Der neue Sensor hat laut Canon außerdem weniger Probleme mit Moiré-Effekten haben. Außerdem soll es möglich sein, mehrere Kameras via Ethernet miteinander zu verbinden und zu synchronisieren. Das könnte für 3D-Aufnahmen eine große Rolle spielen. Des Weiteren nimmt die EOS 1D X ohne verlorenen Frames weiter auf, wenn die maximale Dateigröße von 4 GByte erreicht ist. Die Aufnahmelänge ist allerdings nach wie vor auf 29 Minuten und 59 Sekunden beschränkt.
Die folgende Tabelle zeigt noch einmal die wichtigsten technischen Daten der Canon EOS 1D X im Vergleich mit ihren älteren Geschwistern und direkten Konkurrenten von Nikon.
Hersteller | Canon | Canon | Canon | Nikon | Nikon |
Modell | EOS 1D Mark IV | EOS 1D X | EOS 1Ds Mark III | D3S | D3X |
Preis | 4000 Euro (Marktpreis) | nicht bekannt (USA: 6800 Dollar UVP, entspricht 5000 Euro) | 5900 Euro (Marktpreis) | 4400 Euro (Marktpreis) | 6600 Euro (Marktpreis) |
Bildsensor | CMOS (27,9 x 18,6mm) | CMOS (36,0 x 24,0 mm) | CMOS (36,0 x 24,0 mm) | CMOS (36,0 x 23,9 mm) | CMOS (35,9 x 24,0 mm) |
Auflösung | 16,1 Megapixel | 18 Megapixel | 21,1 Megapixel | 12,1 Megapixel | 24,5 Megapixel |
Formatfaktor | 1,3 | 1,0 | 1,0 | 1,0 | 1,0 |
Empfindlichkeiten | ISO 50 – 102.400 | ISO 50 – 204.800 | ISO 50 – 3200 | ISO 100 – 102.400 | ISO 50 – 6400 |
Serienbild- geschwindigkeit |
10 fps | 12 fps | 5 fps | 9 fps | 5 fps |
Sucherbildfeld | 100 % | 100 % | 100 % | 100 % | 100 % |
Effektive Vergrößerung |
0,58x | 0,76x | 0,76x | 0,70x | 0,70x |
Autofokus | 45 Punkte (19 Kreuz- sensoren) |
61 Punkte (41 Kreuz- sensoren, 5 Dual-Kreuzsensoren) |
45 Punkte (19 Kreuz- sensoren) |
51 Punkte (15 Kreuz- sensoren) |
51 Punkte (15 Kreuz- sensoren) |
Belichtungs- messung |
63-Zonen-TTL | 100.000-Pixel-RGB-Sensor | 63-Zonen-TTL | 1005-Pixel-RGB-Sensor | 1005-Pixel-RGB-Sensor |
Verschlusszeiten | 1/8000 – 30 s, Bulb | 1/8000 – 30 s, Bulb | 1/8000 – 30 s, Bulb | 1/8000 – 30 s, Bulb | 1/8000 – 30 s, Bulb |
Blitzsynchron- zeiten |
1/300 s | 1/250 s | 1/250 s | 1/250 s | 1/250 s |
Kabellose Blitzsteuerung |
nein | nein | nein | nein | nein |
Integrierter Blitz |
nein | nein | nein | nein | nein |
Display | 3,0 Zoll, fest, 640 x 480 Pixel | 3,2 Zoll, fest, 720 x 480 Pixel | 3,0 Zoll, fest, 320 x 240 Pixel | 3,0 Zoll, fest, 640 x 480 Pixel | 3,0 Zoll, fest, 640 x 480 Pixel |
Touchscreen | nein | nein | nein | nein | nein |
Bildstabilisator | optisch | optisch | optisch | optisch | optisch |
Videofunktion | 1080/30p/ 25p/24p, 720/60p/50p |
1080/30p/ 25p/24p, 720/60p/50p |
nicht verfügbar | 720/24p | nicht verfügbar |
Verschluss- haltbarkeit |
300.000 Auslösungen | 400.000 Auslösungen | 300.000 Auslösungen | 300.000 Auslösungen | 300.000 Auslösungen |
Speichermedien | 1x CF (UDMA 6), 1x SD | 2x CF (UDMA 7) | 1x CF (UDMA 6), 1x SD | 2x CF (UDMA 6) | 2x CF (UDMA 6) |
Akkulaufzeit (CIPA) | 1500 Fotos | keine Angabe | keine Angabe | 4200 Fotos | 4400 Fotos |
Abmessungen | 15,7 x 15,6 x 8,0 cm | 16,4 x 15,8 x 8,3 cm | 16,0 x 15,6 x 8,0 cm | 16,0 x 15,7 x 8,8 cm | 16,0 x 15,7 x 8,8 cm |
Gewicht | 1180 g | keine Angabe | 1210 g | 1240 g | 1220 g |
Mit der EOS 1D X hat Canon ein spektakuläres neues Modell auf den Markt gebracht, keine Frage. Allerdings dürften etliche Profis der Kamera auch skeptisch gegenüberstehen. Nachdem der Vollformat-Sensor eine um den Faktor 1,3 größere Diagonale bietet als der APS-H-Chip in der Sport-Vorgängerin 1D Mark IV, bieten die Objektive weniger Brennweite. Die 400-Millimeter-F2,8-Linse beispielsweise kam bei der 1D Mark IV aufgrund des Formatfaktors auf 520 Millimeter, an der 1D X bietet sie dann „nur“ 400 Millimeter. Fotografen, die das Extra an Brennweite brauchen, müssen dann auf das 500-Millimeter-Objektiv von Canon zurückgreifen. Dieses bietet mit F4,0 allerdings eine geringere Lichtstärke, die es dann wiederum über ein besseres Rauschprofil auszugleichen gilt. Ob die EOS 1D X einen APS-H- oder APS-C-Crop-Modus bietet, wissen wir nicht.
Studio-Fotografen auf der anderen Seite könnten sich an der zu „niedrigen“ Auflösung stören. Wenn man mit Blitzanlagen arbeitet, dann hat man im Studio schließlich nicht viel von einer famosen ISO-Performance, wenn die Detailwiedergabe für gigantische Druckformate auf der Strecke bleibt. Aber hier wird schlicht und ergreifend die Praxis zeigen müssen, ob die Kamera die Anforderungen erfüllt. Auf jeden Fall gibt es eine eindeutige Botschaft vom Marktführer: 18 Megapixel sind genug. Sogar genug für Fotografen, die 6800 Dollar für eine Kamera auf den Tisch legen und damit ihre Brötchen verdienen.
Es wird sehr interessant, wie Nikons Antwort auf die EOS 1D X aussehen wird. Gerüchten zufolge gibt es bereits nächste Woche die nächste neue Vollformat-Kamera zu sehen – mit einem 36-Megapixel-Sensor von Sony, der dann auch in der eignene Alpha SLT-A9x, die für Anfang 2012 erwartet wird, zum Einsatz kommen dürfte. Damit dürfte Nikon dann im Gegensatz zu Canon allerdings im Profisegment weiterhin zweigleisig fahren. Sporttaugliche Serienbildraten sind mit 36 Megapixeln kaum vorstellbar. Wir sind schwer gespannt. Für alle Highspeed-Serienbild-Freaks gibt es hier noch einen kleinen Clip zu sehen, in dem die Kamera mit 12 fps knipst. (Bilder: Canon)
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