Im Mai hatten Forscher des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) und des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Festkörperphysik IAF mit einer Geschwindigkeit von 40 Gigabit pro Sekunde einen neuen Weltrekord bei drahtlosen Übertragungen aufgestellt. Jetzt haben sie nochmals eine Schippe obendrauf gelegt, und es geschafft, Daten bei einer Frequenz von 237,5 GHz mit einer Geschwindigkeit von 100 GBit/s zu übertagen.
Im Gegensatz zur Übertragung im Mai, die bereits im Freien über eine Entfernung von rund einem Kilometer glückte, wurde der aktuelle drahtlose Datentransfer aber nur im Labor über eine Entfernung von 20 Metern durchgeführt. Die Fachzeitschrift Nature Photonics hat ihre Erkenntnisse abgedruckt.

Forscher des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) und des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Festkörperphysik IAF haben bei einer Frequenz von 237,5 GHz mit 100 GBit/s einen neuen Geschwindigkeitsrekord bei drahtlosen Übertragungen aufgestellt (Bild: KIT).
Durch ein photonisches Verfahren zur Erzeugung der Funksignale am Sender und vollintegrierte elektronische Schaltungen am Empfänger wurde nun die Datenmenge mehr als verdoppelt. Der Sender erzeugte die Funksignale mittels eines sogenannten ultra-breitbandigen Photonenmischers der japanischen Firma NTT-NEL. Mit ihm werden zwei optische Lasersignale unterschiedlicher Frequenz auf einer Photodiode überlagert. So entsteht ein elektrisches Signal, das als Frequenz die Differenz der beiden optischen Signale besitzt. Das hochfrequente elektrische Signal wird anschließend über eine Antenne abgestrahlt.
“Im Projekt stand die nahtlose Einbindung einer breitbandigen Richtfunkstrecke in faseroptische Systeme im Mittelpunkt”, erklärt Professor Ingmar Kallfass, der das Projekt Millilink koordiniert hat, inzwischen aber an der Universität Stuttgart forscht. Seiner Ansicht nach bietet die Technologie besonders für den ländlichen Raum eine kostengünstige und flexible Alternative zu Glasfasernetzen.
Für den Empfang der Funksignale kam ein Halbleiter-Chip zum Einsatz, der am Fraunhofer-Institut für Angewandte Festkörperphysik IAF hergestellt wurde. Es handelt sich um einen Halbleiter aus Transistoren mit hoher Ladungsträgerbeweglichkeit, sogenannten HEMT (high-electron-mobility transistor). Sie ermöglichen es, aktive, breitbandige Empfänger für den Frequenzbereich zwischen 200 und 280 GHz in kompakten, integrierten Schaltungen mit einer Chipgröße von wenigen Quadratmillimetern zu realisieren.
“Die hohen Übertragungsdistanzen werden in Millilink bisher von konventionellen Antennen ermöglicht, die in zukünftigen kompakten Systemen für den Indoor-Bereich durch vollintegrierte, miniaturisierte Antennenkonzepte ersetzt werden können”, sagt Professor Thomas Zwick, Leiter des Instituts für Hochfrequenztechnik und Elektronik am KIT. Mit einer Datenrate von 100 Gigabit pro Sekunde könnte man zuhause zum Beispiel in zwei Sekunden den Inhalt einer Blue-ray Disc oder von fünf DVDs per Funk zwischen zwei Geräten übertragen.
“Durch optische und elektrische Multiplexverfahren, also einer gleichzeitigen Übertragung von mehreren unterschiedlichen Datenströmen, und durch den Einsatz mehrerer Sende- und Empfangsantennen, könnte die Datenrate nochmals vervielfacht werden”, sagt Swen König vom Institut für Photonik und Quantenelektronik IPQ am KIT, der das aktuelle Weltrekord-Experiment konzipierte und durchführte. “Damit rücken Funksysteme mit einer Datenrate von einem Terabit pro Sekunde näher.”
Das Projekt Millilink wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen der Fördermaßnahme “Breitband-Zugangsnetze der nächsten Generation” mit insgesamt zwei Millionen Euro unterstützt. Neben dem Fraunhofer IAF und dem KIT waren aus der Industrie Siemens, Kathrein und Radiometer Physics beteiligt. Ziel des Projekts war die Einbindung von drahtlosen Funkstrecken in breitbandige optische Kommunikationsnetze, um insbesondere den ländlichen Raum mit schnellem Internetzugang zu versorgen.
[Mit Material von Peter Marwan, ITespresso.de]
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